Mit Tabuthemen im Betrieb umgehen„Chefs müssen darauf achten, was im Betrieb vor sich geht“

Personalberaterin Carmen Bender erklärt Handwerksbetrieben, wie sie mit Tabuthemen wie Mobbing, Sucht und mangelnder Körperhygiene umgehen sollten.

ein Mann steht traurig und nachdenklich neben einer Gruppe, die Leute in der Gruppe zeigen auf den Mann
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Tabuthemen wie mangelnde Körperhygiene, Mobbing oder Sucht stellen Führungskräfte in Handwerksbetrieben vor besondere Herausforderungen. Diese Themen sind nicht nur sensibel, sondern oft auch unangenehm zu thematisieren, was den Umgang damit sehr schwierig macht.

Gemeinsam mit Personalberaterin Ramona Russin von der Handwerkskammer Ulm referierte Carmen Bender, Beraterin für Personal- und Organisationsentwicklung der Handwerkskammer Heilbronn-Franken, kürzlich in einem Web-Seminar zu dem Thema. Das Interesse war enorm. Über 70 Handwerksbetriebe nahmen teil.

Zu den am häufigsten genannten Tabuthemen zählen Sucht, Körpergeruch und psychische Erkrankungen wie Angst und Depression. Gespräche darüber würden in der Regel als unangenehm wahrgenommen. „Doch die Probleme sollten nicht unter den Teppich gekehrt werden“, betont Ramona Russin.

Wie erkennt man Probleme?

Und wie erkenne ich, dass etwas mit einem Mitarbeiter nicht stimmt? „Häufige Berichte von privaten Problemen, viele unentschuldigte Fehlzeiten, Leistungsabfall, häufiges Entfernen vom Arbeitsplatz oder große Nervosität können Anzeichen sein. Im Sozialverhalten kann sich das beispielsweise durch plötzliches vermeiden von Kontakten, einem seltsamen Entschuldigungsverhalten, Desinteresse, einem sehr leisen oder sehr lauten Kommunizieren äußern. Auch ein verändertes Erscheinungsbild und körperliche Auffälligkeiten sind mögliche Warnsignale“, erklärt die Expertin.

Was können Führungskräfte tun?

„Im ersten Schritt rate ich zu einem persönlichen Gespräch“, so die Personalberaterin. Sie rät: „sprechen Sie die Person in einem ruhigen Moment an, nicht auf der Baustelle oder im offenen Büro, sondern nehmen Sie sich Zeit, machen keine Vorwürfe und bieten Sie Ihre Hilfe an.“ Das Fehlverhalten könne dann leichter eingeordnet und weitere Schritte abgeleitet werden.

Doch wie spricht man die betroffene Person an? Am besten gelänge das in einer vertrauensvollen Atmosphäre kurz vor Feierabend oder dem Wochenende. Ein Gespräch solle in Form von Ich-Botschaften formuliert werden. Beispielsweise so: „Ich habe mehrere Warnsignale bei Dir festgestellt, Du kommst oft zu spät, hast rote Augen und wirkst etwas traurig.“ Außerdem dürfe ein Chef ruhig sagen, dass es ihm nicht leicht fällt das Thema anzusprechen, er aber helfen wolle.

Im ersten Schritt rate ich zu einem persönlichen Gespräch.

Carmen Bender, Beraterin für Personal- und Organisationsentwicklung, Handwerkskammer Heilbronn-Franken

Verantwortung übernehmen

„Sie müssen darauf achten, was in Ihrem Betrieb vor sich geht“, sagt Carmen Bender. Wenn es Hinweise gäbe, dass beispielsweise Alkohol oder Drogen konsumiert werden und „Sie haben keine Vereinbarung getroffen, ob das in ihrem Betrieb legal ist, müssen sie handeln“, erklärt Bender und ergänzt: „Besonders dann, wenn sie den Verdacht haben, dass der Betroffene sich oder andere Mitarbeiter in Gefahr bringt.“

Hier greife die Unfallverhütungsvorschrift Paragraf 7 „Grundsätze der Prävention“, die Arbeitgeber verpflichte, die Arbeitssicherheit im Betrieb zu gewährleisten. „Sie müssen Personen, die erkennbar nicht in der Lage sind ihre Arbeit auszu-üben, davon fernhalten“, so Bender. Es sei hilfreich dies unter Zeugen zu tun und zu dokumentieren. „Sie müssen auch darauf achten, dass die Person, die scheinbar nicht mehr arbeitsfähig ist, sicher nach Hause kommt.

Betriebliche Regelungen treffen

„Die Prävention im Betrieb ist etwas ganz Wichtiges“, so die Personalexpertin. Es sei wichtig, dass Chefs schon im Vorfeld die Gesetze kennen und nicht erst, wenn es einen akuten Fall im Betrieb gibt. So könne man in Ruhe schauen, was davon in betriebliche Regelungen übernommen werden kann.

Zudem sollte geklärt werden, wie im Betrieb mit Tabuthemen umgegangen wird und „es sollten auch alle Mitarbeiter davon Kenntnis haben, was im Betrieb gilt.“ Generell sei es wichtig, Tabuthemen nicht totzuschweigen.

Um Konflikte oder Mobbing vorzubeugen sei es hilfreich, Leitlinien für den Umgang miteinander festzulegen. „Sie sollten jedem bei der Einstellung zur Verfügung gestellt werden“, so Bender. Wichtig seien auch ein Konfliktmanagement, die Durchführung der verbindlichen psychischen Gefährdungsbeurteilung sowie, ein klares Nein zu Mobbing beziehungsweise ein „Durchgreifen im Ernstfall“.

Die Prävention im Betrieb ist etwas ganz Wichtiges.

Carmen Bender, Beraterin für Personal- und Organisationsentwicklung, Handwerkskammer Heilbronn-Franken

Betriebliches Gesundheitsmanagement

„Wenn eine Sucht oder Mobbing auffallen, darf es kein Tabuthema sein, das anzusprechen“, sagt Mark Kwiatkowski, Regionaldirektor der IKK classic. Er sprach im Web-Seminar über das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Er sagt: „das schlimmste was Ihnen passieren kann ist, dass Sie als Chef gar nicht wissen, dass jemand alkoholabhängig ist“. Deshalb sei eine von Anfang an gute Kommunikation wichtig. Weitere Themen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements seien neben Sucht und Mobbing auch Stress, psychische Belastungen und Team-Building, damit manche Probleme gar nicht erst entstehen.

Das schlimmste was Ihnen passieren kann ist, dass sie als Chef gar nicht wissen, dass jemand alkoholabhängig ist.

Mark Kwiatkowski, Regionaldirektor der IKK classic

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