
Fragen zur CannabislegalisierungDarf man im Betrieb eigentlich kiffen?
Bei einer Informationsveranstaltung der IKK Classic beantworteten Expertinnen die wichtigsten Fragen zur Cannabislegalisierung in Deutschland.
Gras, Hasch, Dope – es gibt viele umgangssprachliche Begriffe für Drogen aus Cannabis. Und was bis vor ein paar Jahren noch undenkbar war, ist seit April 2024 für Volljährige erlaubt: der Besitz und der Konsum von THC-haltigen Rauschmitteln aus der Cannabispflanze. Doch was bedeutet das für Handwerksbetriebe? Dürfen Mitarbeiter jetzt im Betrieb kiffen? Und wie merke ich jemandem eine Sucht an? Diese und weitere drängende Fragen beantworteten zwei Expertinnen auf Einladung der IKK Classic bei der Handwerkskammer in Heilbronn.
Sucht wird oft spät erkannt
Die Leiterin der Suchtberatungsstelle Tauberbischofsheim, Sabrina Borst, beleuchtete die wichtigsten Punkte zum Thema Sucht. Doch wie entsteht überhaupt eine Sucht? Hierfür seien zwei Faktoren ausschlaggebend. Einerseits der Konsum einer Droge und andererseits die Gewöhnung. „Daraus kann eine Abhängigkeit erfolgen“, erklärt Borst. Das Problem: „Betroffene merken es oft erst, wenn sie abhängig sind“, schildert sie und ergänzt: „Das Umfeld merkt es oft früher.“
Suchtkranke brauchen Hilfe
Denn eine Abhängigkeit betreffe nicht nur die suchtkranke Person selbst, sondern auch Familie, Freunde, Arbeitskollegen und nicht zuletzt Arbeitgeber. „Eine Sucht verändert die Persönlichkeit eines Menschen, sie macht körperlich und seelisch abhängig und kann psychische Folgeerkrankungen mit sich bringen.“ Das Fazit von Borst ist daher klar: „Suchtkranke brauchen fachkundige Hilfe.“ Sie müssten jedoch zunächst selbst einsehen, dass sie Hilfe brauchen. Ein Anstoß durch Arbeitgeber könne daher hilfreich sein. Auf keinen Fall sollten Kollegen oder Arbeitgeber die Abhängigkeit von Betroffenen decken, erklärt Borst. „Sie müssen die Verantwortung für ihr Handeln tragen.“
Drogen aus der Cannabispflanze würden meist als Joint oder in der Bong geraucht. Die Risiken: Cannabis vermindere die Reaktions- und Merkfähigkeit, verursache Übelkeit und Schwindel und könne die Persönlichkeitsentwicklung verzögern – insbesondere bei jungen Menschen unter 25 Jahren. Gerade deshalb hätten alle Suchthilfeverbände die Cannabislegalisierung erst ab 25 Jahren gefordert. Gekommen ist es bekanntlich anders.
Es gibt kein Recht auf Rausch am Arbeitsplatz.
Natascha Rienth, Rechtsanwältin bei der Anwaltskanzlei Mackh und Lang
Richtiger Umgang mit Betroffenen
Wer suchtkranke Menschen in seinem Umfeld habe, solle deren Konsum und Verhalten nicht verharmlosen, sondern besser Fakten sammeln, die Person frühzeitig ansprechen und Konsequenzen aufzeigen. Zudem sei es wichtig, den Betroffenen zu unterstützen und weitere Gespräche zu vereinbaren. Professionelle Hilfe bieten unter anderem Suchtberatungsstellen, Krankenkassen und Hausärzte.
Die Rechtsanwältin Natascha Rienth von der Anwaltskanzlei Mackh und Lang in Weinstadt-Endersbach informierte über die Rechtslage zum Thema Cannabis.
Das noch relativ neue Cannabisgesetz (CanG) erlaube Erwachsenen den Besitz von 50 Gramm Cannabis in der Wohnung und 25 Gramm außerhalb der Wohnung. Doch darf Cannabis am Arbeitsplatz konsumiert werden? Diese Frage sei schwer einzuschätzen, da es noch keine umfangreiche Rechtsprechung zu dem Thema gebe. Grundsätzlich gelte: „Sofern der Arbeitgeber es nicht untersagt, sind das Mitführen und der Konsum von Cannabis im Betrieb erlaubt“, klärte Rienth auf.
Dennoch seien Unternehmen und Versicherte gleichermaßen verpflichtet, sicherzustellen, dass sie sich nicht in gefährdenden Zustand bringen – auch nicht durch den Konsum von Alkohol und Cannabis. Daher empfiehlt die Juristin: „Erlassen Sie betriebliche Regelungen, die das Mitführen und den Konsum von Cannabis im Betrieb gänzlich untersagen.“ Das dürfe der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts, seines Hausrechts und ferner seiner Fürsorgepflicht. „Es gibt kein Recht auf Rausch am Arbeitsplatz“, veranschaulichte die Juristin.
Was droht bei Verstößen?
Wer gegen ein solches Cannabisverbot im Betrieb verstoße, dem drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen, erklärte Natascha Rienth und verdeutlichte: „Ein solcher Verstoß ist eine Pflichtverletzung und damit abmahnfähig.“ Bei wiederholtem Verstoß drohe sogar die Kündigung.
Aber dürfen Unternehmen auch Cannabis-Kontrollen durchführen? Dies setze eine klare betriebliche Regelung zum Cannabis-Verbot während der Arbeitszeit und deren Überwachung voraus. Zusätzlich müssten konkrete Verdachtsmomente vorliegen, um Beschäftigte zu kontrollieren. Die Hürden sind also hoch.
Was tun bei Verdacht?
Doch was können Arbeitgeber beim Verdacht auf Cannabis-Missbrauch dann tun und was gilt für Minderjährige? Habe der Arbeitgeber den Verdacht, ein Mitarbeiter stehe unter Cannabis-Einfluss, müsse die Arbeitstätigkeit aus Fürsorgepflicht sofort gestoppt werden. Sei der Mitarbeiter berauscht, müsse der Transport nach Hause oder zum Arzt organisiert werden.
Anschließend gelte es, das Gespräch zu suchen, gegebenenfalls eine Abmahnung auszusprechen und Suchtberatungsangebote zu machen. Für Minderjährige sei der Besitz, Erwerb und Anbau von Cannabis weiterhin verboten. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige stehe weiterhin unter Strafe.