Zwei Männer mit Bauhelmen und orangen Sicherheitswesten unterhalten sich.
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Was Betriebe tun können, um mit Lieferengpässen und stark steigenden Preisen zurecht zu kommen.Material knapp, Preise hoch

Viele Betriebe stehen derzeit unter Druck: Materialknappheit oder nicht eingehaltene Termine können zu Verzögerungen oder gar zum zeitweiligen Stillstand auf Baustellen führen. Hinzu kommt, dass Angebote mit Preisen kalku­liert wurden, die deutlich unter dem liegen, was Betriebe bei ihren Lieferan­ten bezahlen müssen. Bestimmte Regelungen können helfen, Probleme abzufedern. Ein Überblick. 

Wenn das Material knapp wird

Lieferengpässe führen zu Verzögerungen und Stillstand auf Baustellen. Wenn mit Lieferan­ten keine festen Lieferfristen vereinbart wurden, hat der Betrieb ein Problem. Daher sollten Betriebe ihrerseits versuchen, verbindliche Liefer- und Ausführungsfristen gegenüber ihren Auftraggebern zu vermeiden. Grundsätzlich liegt das Risiko von Materialknappheit und Preissteigerungen beim Auftragnehmer, also beim Handwerker. Ein grundsätzliches Kündigungsrecht wegen Lieferengpässen oder deutlichen Preiserhöhungen gibt es nicht. Ein Werkunternehmer kann keine Anpassung angebotener Preise verlangen, wenn diese auf dem Weltmarkt steigen.

Verzug durch höhere Gewalt ausgeschlossen

Höhere Gewalt könnte unter Um­ständen angenommen werden, wenn durch den Ukraine-Krieg exklusive Produkte aus der Uk­raine durch den überraschenden Kriegsausbruch nicht mehr beschafft werden können. Dann kann im Bereich der VOB/B § 6 Abs. 2 Nr. 1c angenommen werden, sodass sich die Ausfüh­rungsfristen verlängern und Verzug nicht eintritt. Dafür ist der Auftragnehmer aber konkret darlegungspflichtig. Ein bloßer Verweis auf den Krieg an sich würde nicht ausreichen. Auch beim BGB-Werkvertrag ist § 286 Abs. 4 BGB Verzug ausgeschlossen, wenn tatsächlich höhere Gewalt vorliegt. Auf jeden Fall sollten die Betriebe Behinderungsanzeigen abgeben. Durch das Verfassen einer Behinderungsanzeige informiert der Auftragnehmer den Auftraggeber über einen Sachverhalt, der den Baufortschritt verzögert. Nur so besteht ein Anspruch auf Berücksichtigung der behindernden Umstände. Im Geltungsbereich der VOB/B gibt es ein Sonderkündigungsrecht nach § 6 Abs. 7 VOB/B für Auftragnehmer, wenn eine Unterbrechung länger als drei Monate dauert und vorher eine Behinderungsanzeige er­folgt ist.

Behinderungsanzeigen sind grundsätzlich auch bei BGB-Werkverträgen zu empfehlen.

Anspruch auf Entschädigung

Führen Lieferprobleme bei Vorgewerken zum Stillstand des Bauablaufs, ist § 642 BGB anwend­bar. Wenn die Bauunterbrechung in die Risikosphäre des Auftraggebers fällt, kann der Werkun­ternehmer mit Blick auf den dadurch entstehenden Annahmeverzug eine angemessene Ent­schädigung verlangen. Hiervon werden aber Lohn- und Materialmehrkosten regelmäßig nicht ersetzt, da der Unternehmer ausschließlich für den verlängerten Vorhalt der Produktionsmittel zu entschädigen ist, nicht für andere Nachteile, die ihm durch den Verzug entstehen können.

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 Hinweis

Betriebe sollten bei Problemen so schnell wie möglich auf den Vertragspartner zugehen und gemeinsam mit ihm nach einer Lösung suchen. Die Vereinbarungen sollten unbedingt schriftlich festgehalten und von jeder Partei unterzeichnet werden.

 Ihr Ansprechpartner

Ass. jur. MPA Jörg Dietrich

Stv. Abteilungsleiter Recht, Datenschutzbeauftragter

Tel. 07131 791-130

Fax 07131 791-2530

Joerg.Dietrich--at--hwk-heilbronn.de

Bevor ein Vertrag unterzeichnet wird

Befristung

Vor Vertragsschluss können sich Betriebe gegen unabsehbare und extreme Preissteige­rungen absichern, indem sie ihre Angebote im Privatkundenbereich befristen. Allerdings muss der Blick darauf gerichtet werden, ob die Preise bei Ausführung gehalten werden können, das heißt die Preisentwicklung muss abschätzbar sein. 

Unverbindliches Angebot

Empfehlenswert ist es, Angebote "freibleibend", das heißt unverbindlich abzugeben. Das bedeutet, dass eine Bindungswirkung auch bei Annahmeerklärung des Kunden noch nicht eintritt. Viel­mehr hat es der Handwerker dann in der Hand, das Zustandekommen des Vertrages durch seine sofortige Absage zu verhindern. In diesem Fall besteht also eine Reaktionspflicht seitens des Handwerkers, wenn der Vertrag doch nicht zu den ursprünglich angebotenen Bedin­gungen zustande kommen soll. Erfolgt keine Reaktion auf die Annahmeerklärung des Kunden, kommt der Vertrag zu den genannten Bedingungen zustande.

Nachverhandlungspflicht

Eine gute Möglichkeit, um zu einer Preisanpassung bei laufenden Verträgen zu kommen, ist die Vereinbarung einer Nachverhandlungspflicht für konkret genannte Baustoffe. Dies könnte fol­gendermaßen formuliert werden:

„Für den Fall, dass nach Vertragsschluss die vom Auftragnehmer zu zahlenden Netto-Einkaufs­preise für folgende Baustoffe (z. B. Baustahl, Aluminium, ...) zum Zeitpunkt ihrer Lieferung um mehr als… Prozent steigen oder fallen sollten, hat jede Vertragspartei das Recht, den Eintritt in ergänzende Preisanpassungsverhandlungen zu verlangen, um eine angemessene Anpassung der vertraglich vereinbarten Preise für die betroffenen vertragsgegenständlichen Materialien an die aktuellen Preise zu erzielen.“

Preisgleitklauseln

Durch Preisgleitklauseln haben Lieferanten (Handwerker) das Recht, bei Erhöhung ihrer Selbstkosten den Preis einer Ware anzupassen. Da diese Regelung inflationsfördernd wirken kann, ist sie in Deutschland grundsätzlich verboten. Ausnahmen gibt es zum Beispiel bei öffentlichen Ausschreibungen. Öffentliche Auftraggeber haben die Möglichkeit, Preisgleitklauseln in die Vergabebedingungen aufzunehmen. Es ist zu empfehlen, die Unterlagen von Ausschreibungen dahingehend zu überprüfen. Im laufenden Verfahren gibt es keine Möglichkeit, entsprechende Klauseln individuell nachzuverhandeln oder sonst Änderungen an den Verga­beunterlagen vorzunehmen. Dies würde zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen.

Ein Mann sitzt vor einem Laptop, in der linken Hand hält er einen Stift.
Pixabay

 Hinweis

Dieser Überblick kann eine juristische Einzelfallprüfung nicht ersetzen.

Wenn ein Vertrag bereits unterzeichnet wurde

Selbstverständlich gilt: Verträge müssen eingehalten werden. Daher ist der Handlungsspiel­raum für eine nachträgliche Absicherung gegen das Risiko steigender Einkaufspreise von vornhe­rein gering. Grundsätzlich trägt der Auftragnehmer (Handwerker) das gesamte Risiko, wenn die einmal vereinbarten Preise nicht mehr aktuell sind. Die vertraglich vereinbarten Preise be­halten ihre Gültigkeit, und zwar für die komplette Zeit zwischen Angebot und Leistung. Egal, wer der Auftraggeber ist – die öffentliche Hand oder ein Privatkunde.

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Einen Ausweg könnte im Einzelfall § 313 BGB bieten: der Wegfall der Geschäftsgrundlage. Danach sind Anpassungen und sogar die Aufhebung eines Vertrags möglich, wenn sich wesentliche Bedingungen unter denen der Vertrag geschlossen wurde, schwerwiegend geändert haben und damit die Geschäftsgrundlage entfallen ist und ein weiteres Festhalten daran unzumutbar ist. Die Frage lautet also: Hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen, wenn für sie die Veränderung voraussehbar gewesen wäre? Auf Probleme, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt waren, kann diese Begründung daher nicht angewandt werden. Und: Die Möglichkeit des § 313 BGB ist eine Ausnahmeregelung und wird von der Rechtsprechung äußerst zurückhaltend angewendet.

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